Brandschutzverglasung bei Nachrüstung Außentreppe?

LBO, MBO u. andere Bauvorschriften, Feuerschutzabschlüsse, Flucht- und Rettungswege etc.
jungmama84
Beiträge: 2
Registriert: Mi 12.04.2023 12:19

Brandschutzverglasung bei Nachrüstung Außentreppe?

Beitragvon jungmama84 » Mi 12.04.2023 15:28

Hallo

Ich bin in meiner Gemeinde mit der Durchführung der Brandverhütungsschau beauftragt und habe eine Frage zu einem Problem.
Eine Kindertagesstätte musste einen zweiten Flucht- /Rettungsweg in Form einer Außentreppe anbauen.
Ist es nun erforderlich, dass die Fenster im / unter dem Treppenbereich durch Brandschutzverglasung erneuert werden müssen, oder ist das abhängig von den vorliegenden Brandlasten?
Leider kann ich dazu keine Rechtsvorschrift finden.

Viele Grüße
Martin

m.mueller
Beiträge: 5
Registriert: Do 12.05.2022 9:21

Re: Brandschutzverglasung bei Nachrüstung Außentreppe?

Beitragvon m.mueller » Mi 12.04.2023 22:43

Bei uns (Pflegeheim in BW) wurde es vom Baurechtsamt nach ca. 15 Jahren gefordert und wir haben es nachgerüstet.
Allerdings befindet sich dort auch ein Bewohnerzimmer, also erhöhte Gefahr/ Brandlast. Davon würde ich es abhängig machen.

clammer
Beiträge: 608
Registriert: Di 29.07.2003 16:39

Re: Brandschutzverglasung bei Nachrüstung Außentreppe?

Beitragvon clammer » Do 13.04.2023 7:44

Hallo Martin,

für NRW sieht das so aus, dass nach geltender Rechtsauffassung für den zweiten Rettungsweg keine höheren Anforderungen gestellt werden können als für "Leitern der Feuerwehr". Dazu führt das NRW-Bauministerium aus:
Absatz 1 Satz 2 ermöglicht, dass notwendige Treppen ohne eigenen Treppenraum als Außentreppe errichtet werden können, wenn ihre Nutzung im Brandfall ausreichend sicher ist und im Brandfall nicht gefährdet werden kann.
Notwendige Außentreppen müssen auch unter winterlichen Bedingungen uneingeschränkt begehbar sein. Dieses kann z. B. durch eine teilweise oder komplette Einhausung, die Ausbildung von geschlossenen Brüstungen, einer Überdachung, rutsch-hemmenden Stufen (z. B. Riffelblech), aber auch durch organisatorische Maßnahmen sichergestellt werden. Dies ist für jeden Einzelfall in Abhängigkeit von der Lage, der Gebäudeklasse und art gesondert zu beurteilen.
Ein möglicher Feuerüberschlag aus Außenwandöffnungen darf die Nutzung im Brand-fall einer Außentreppe, die als erster Rettungsweg genutzt wird, nicht einschränken, d. h. Öffnungen, aus denen es brennen kann, müssen ausreichend weit entfernt oder geschützt sein. Gemäß § 33 Absatz 2 Satz 2 BauO NRW 2018 kann der zweite Rettungsweg über eine weitere notwendige Treppe geführt werden. Wird lediglich der zweite Rettungsweg über eine Außentreppe geführt, sind an die Außentreppe als zweiter Rettungsweg keine höheren Anforderungen zu stellen, als an den Einsatz von Rettungsgeräten der Feuerwehr. Der Verlauf einer Außentreppe vor Fenstern der Nutzungseinheiten ist in solchen Fällen grundsätzlich möglich.

Quelle: BauO NRW 2018: Handlungsempfehlung auf der Grundlage der Dienstbesprechungen mit den Bauaufsichtsbehörden im Oktober/November 2018 (Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein Westfalen)

Gruß
C. Lammer

jungmama84
Beiträge: 2
Registriert: Mi 12.04.2023 12:19

Re: Brandschutzverglasung bei Nachrüstung Außentreppe?

Beitragvon jungmama84 » Do 13.04.2023 9:30

Guten Morgen und….

Vielen vielen Dank. Auch wenn ich in einem anderen Bundesland lebe, hast du mir sehr geholfen :supi:

ReiseReise
Beiträge: 20
Registriert: Do 29.07.2021 14:05

Re: Brandschutzverglasung bei Nachrüstung Außentreppe?

Beitragvon ReiseReise » Fr 19.05.2023 9:01

ALs Ergänzung dazu noch auch wenn du das vllt. nicht lesen möchtest, da es den Anforderungen aus NRW wiederspricht - die Anforderung aus Sachsen:

"35.1.1 Die Nutzung einer Außentreppe gilt als ausreichend lang sicher, wenn
– die Außenwand im Bereich der Treppenanlage aus nichtbrennbaren Baustoffen besteht und eine Feuerwiderstandsdauer entsprechend den Anforderungen nach § 27 Abs. 1 besitzt,
– die tragenden Teile der Treppenanlage für Gebäude der Gebäudeklassen 3 bis 5 aus nichtbrennbaren Baustoffen bestehen (§ 34 Abs. 4 Satz 2) und
– die Treppenläufe geradlinig verlaufen.

An Gebäuden, die keine Sonderbauten sind, sind Außentreppen mit gewendelten Treppenläufen als zweiter notwendiger Rettungsweg zulässig, soweit nur eine geringe Anzahl von Personen auf die Treppe als Rettungsweg angewiesen ist. Als Richtwert gelten zehn Personen pro Geschoss. Eine größere Anzahl von Personen ist zulässig, wenn im Hinblick auf die konkreten Nutzer keine Bedenken wegen der Personenrettung bestehen."

Quelle: https://www.revosax.sachsen.de/vorschri ... hsBO#vwv35

Hierzu ist zusagen, dass die VwV SächsBO überarbeitungsdürftig ist ;)


Im Bestand bei uns oft auch Einzelfallentscheidung in Abhängigkeit von ggf. Alarmierungseinrichtung; Lage von Fluchtwegen; Gefährdungsbeurteilung Brand im Raum vor der Außentreppe etc.

clammer
Beiträge: 608
Registriert: Di 29.07.2003 16:39

Re: Brandschutzverglasung bei Nachrüstung Außentreppe?

Beitragvon clammer » Fr 19.05.2023 9:30

Bitte richtig lesen!!!
Die zitierten Anforderungen aus NRW gelten für den zweiten (!) Rettungsweg; beim ersten sehen die Anforderungen anders aus.

Gruß
C. Lammer

ReiseReise
Beiträge: 20
Registriert: Do 29.07.2021 14:05

Re: Brandschutzverglasung bei Nachrüstung Außentreppe?

Beitragvon ReiseReise » Fr 19.05.2023 11:14

clammer hat geschrieben:Bitte richtig lesen!!!
Die zitierten Anforderungen aus NRW gelten für den zweiten (!) Rettungsweg; beim ersten sehen die Anforderungen anders aus.

Gruß
C. Lammer


Moin, schon kapiert, dass es sich dabei um den zweiten RW handelt.

Jedoch würde ich aufgrund dieser Vorgabe aus NRW nicht darauf schließen, dass diese Empfehlung auch in Sachsen gilt.
Eine vergleichbare Empfehlung in Sachsen ist mir nicht bekannt.

Entsprechend würde ich mich an die SächsBO halten, die als zweiten RW die Rettungsgeräte der FW oder eine zweite notwendige Treppe vorsieht.
Für eine notwendige Treppe ist jedoch ein notweniger Treppenraum erforderlich, es sei den es handelt sich um 1. ....; 2. ....; "3. eine Außentreppe, wenn ihre Nutzung ausreichend sicher ist und im Brandfall nicht gefährdet werden kann."

Was "im Brandfall nicht gefährdet werden kann" in Sachsen bedeutet -> siehe der Post davor.


Die Handlungsempfehlung aus NRW macht meiner Meinung nach viel Sinn und kann ggf. zur Abweichungsbegründung herangezogen werden, aber sofern diese nicht auch in Sachsen so veröffentlicht ist, hat die keine Bindung (die SIe als Empfehlung ja auch nur bedingt hat).

Beste Grüße

PS.: wollte damit auch nur sagen, dass die ANtwort auf die ursprünglich gestellte Frage auch Bundesland abhängig ist und dann ggf. zusätzlich von den Bedingungen vor Ort.
Pauschal zu sagen Fenster müssen BS-Verglasung haben aber nicht richtig ist, wie man am Beispiel NRW sehen kann.

clammer
Beiträge: 608
Registriert: Di 29.07.2003 16:39

Re: Brandschutzverglasung bei Nachrüstung Außentreppe?

Beitragvon clammer » Fr 19.05.2023 13:43

und im Brandfall nicht gefährdet werden kann.
stellt das Schutzziel dar und ist ein unbestimmter Rechtsbegriff; in den Bauordnungen finden sich dazu keine materiellen Anforderungen. Insofern kann man davon auch nicht abweichen.
Daher ist im Genehmigungsverfahren der Nachweis zu führen, dass das Schutzziel eingehalten ist.
Die Ausführungen aus NRW stellen "nur" klar, dass im Falle des zweiten Rettungsweges für die Erreichung des Schutzzieles "weniger Aufwand" getrieben werden musss.

Gruß
C. Lammer