Brandschutz im Kindergarten

Brandschutzordnung -Konzept/ BVS, Instandhaltung, Ersatzmaßnahmen, Flucht- u. Rettungspläne, Umsetzung von Richtlinien, Gesetzgebungen usw.
Claudi

Brandschutz im Kindergarten

Beitragvon Claudi » Mo 07.02.2011 9:22

Hallo,

ich als Elternbeirätin habe einmal eine Frage bezüglich unseres Kindergartens vielleich kann mir ja jemand weiterhelfen:

Unser Kindergarten befindet sich in einem alten Gebäude. Es sind 3 Gruppen von mindestens 20 Kinder. Teilweise auch unter 2 jährige Kinder. Zwei Gruppen befinden sich im Erdgeschoss mit direktem Ausgang in den Garten. Die dritte Gruppe befindet sich im Obergeschoss.
Das Thema Feuerschutz geht bei uns im Kindergarten seit langem um. Wir konnten jetzt zumindest einmal durchsetzen dass im Gebäude Rauchmelder installiert werden. Ein Gespräch mit unserem örtlichen Feuerwehrkommandanten wie er die Kinder aus dem Obergeschoss holen will wenn der Weg über die Treppe nach unten versperrt ist war auch nicht so aufbauend. Er meinte die Feuerwehr wäre dann in 2 min. da und man könne die Kinder dann über eine Feuerwehrleiter von der Straße aus aus dem Gebäude holen (wir reden hier von 20 teilweise Kleinkindern!).

Nun unsere Frage:
Ist es Vorschrift aus dem Obergeschoss einen 2. Fluchtweg in Form von einer Rutsche, Außentreppe o.ä. zu haben oder genügt es wenn die Feuerwehr quasi als zweiten Rettungsweg mit der Feuerwehrleiter an ein "normales" Fenster geht und die Kinder so rausholt.
Die Innentreppe zum Obergeschoß ist speziell beschichtet und somit schwer entflammbar. Sie führt auch direkt zum Ausgang der allerdings immer verschlossen ist und mittels Schlüssel, der oben hängt geöffnet werden kann.

Über eine Antwort würde ich mich sehr freuen, vielen Dank.

Claudi

nadoli94

Re: Brandschutz im Kindergarten

Beitragvon nadoli94 » Mo 07.02.2011 14:10

Hallo Claudi,

mit Kitas kenne ich mich nicht so aus, ich hätte aber sicherlich auch Magenschmerzen bei der Vorstellung 20 Kleinkinder über eine Leiter zu retten. Im Zweifel würde ich mal den Brandschutzprüfer des Landkreises fragen (gehört in der Regel zum Bauordnungsamt). In vielen Fällen reichen die Leitern der Feuerwehr auch als zweiter Rettungsweg, ich würde hier aber anders planen.
Den einen oder anderen Verantwortlichen kann man bestimmt zum Nachdenken anregen wenn man mal mit der örtlichen Feuerwehr versucht 20 Puppen in Größe und Gewicht eines Kleinkindes über eine Leiter aus dem Raum zu retten und das Ganze auf Zeit. Wenn man das in einer viertel Stunde geschafft hat, kann man mal darüber nachdenken wieviel Angst die Kinder bei einer solchen Aktion haben. Spätestens dann sollten alle verstanden haben das so ein zweiter baulicher Rettungsweg in Form einer Außentreppe nicht schlecht wäre.

Vielleicht hilft auch dieser Link etwas: http://www.sichere-kita.de/_docs/pdf/brandschutz.pdf

Viele Grüße
Oliver Voß

SaJa

Re: Brandschutz im Kindergarten

Beitragvon SaJa » Mo 07.02.2011 14:47

Hallo,

in erster Linie legt der Brandschutzgutachter fest, wo und wie die Fluchtwege auszuführen sind (§17(3) BauO NRW). Je nach Begebenheit, kann der zweite Rettungsweg auch über ein gekennzeichnetes Fenster sichergestellt werden ( §40(4) BauO NRW). Dann muß aber auch ein Gespräch mit der Feuerwehr erfolgen, ob dies vertretbar ist.

Was die Tür angeht:
sofern diese kein Panikschloß hat, darf sie auch nicht abgeschlossen werden. Im Gefahrenfall wird keiner an den Schlüssel denken bzw. in der Lage sein, ihn in einem verrauchten Treppenhaus zu benutzen.

Viele Grüße,

Sascha

blank

Re: Brandschutz im Kindergarten

Beitragvon blank » Mo 07.02.2011 14:48

Ich weiß jetzt nicht, um welches Bundesland es sich handelt, aber hier mal auszugsweise die Landesbauordnung Saarland:


§ 2 Begriffe

(4) Sonderbauten sind Anlagen und Räume besonderer Art oder Nutzung, die einen der nachfolgenden Tatbestände erfüllen:
(...)
10. Tageseinrichtungen für Kinder, behinderte und alte Menschen,
(...)


§ 33 Erster und zweiter Rettungsweg

(1) Für Nutzungseinheiten mit mindestens einem Aufenthaltsraum, wie Wohnungen, Praxen, selbständige Betriebsstätten, müssen in jedem Geschoss mindestens zwei voneinander unabhängige Rettungswege ins Freie vorhanden sein; beide Rettungswege dürfen jedoch innerhalb eines Geschosses über denselben notwendigen Flur führen.

(2) Für Nutzungseinheiten nach Absatz 1, die nicht zu ebener Erde liegen, muss der erste Rettungsweg über eine notwendige Treppe führen. Der zweite Rettungsweg kann eine weitere notwendige Treppe, eine Außentreppe oder eine mit Rettungsgeräten der Feuerwehr erreichbare Stelle der Nutzungseinheit sein. Ein zweiter Rettungsweg ist nicht erforderlich, wenn die Rettung über einen sicher erreichbaren Treppenraum möglich ist, in den Feuer und Rauch nicht eindringen können (Sicherheitstreppenraum).

(3) Gebäude, deren zweiter Rettungsweg über Rettungsgeräte der Feuerwehr führt und bei denen die Oberkante der Brüstung von zum Anleitern bestimmten Fenstern oder Stellen mehr als 8 m über der Geländeoberfläche liegt, dürfen nur errichtet werden, wenn die Feuerwehr über die erforderlichen Rettungsgeräte, wie Hubrettungsfahrzeuge, verfügt. Bei Sonderbauten ist der zweite Rettungsweg über Rettungsgeräte der Feuerwehr nur zulässig, wenn keine Bedenken wegen der Personenrettung bestehen.


Wenn ich nun mal eine Rettungsrate von (im günstigsten Fall) so um die zwei Minuten/Person für die Rettung über eine vierteilige Steckleiter ohne jegliche Komplikationen zugrundelege, sehe ich hier durchaus Bedenken.

clammer
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Re: Brandschutz im Kindergarten

Beitragvon clammer » Mo 07.02.2011 17:52

Hallo,

grundsätzlich liegt die Erstellung eines Rettungs- und Evakuierungsplans in der Verantwortung des Betreibers. Hierbei muss auch die "Leistungsfähigkeit" der Kinder berücksichtigt werden. So sind Kinder, die kurz vor der Einschulung stehen, schon eher in der Lage, sich selbst zu retten, als Säuglinge in den Gruppen für Kinder unter drei Jahren.

Daher ist auch das Abschließen der Fluchtwege, insbesondere bei den erstgenannten Kindern, mehr als kritisch zu sehen. Hier muss ggf. eine bauaufsichtlich zugelassene Fluchtwegverriegelung und -steuerung zum Einsatz kommen.

Die genannte Eintreffzeit der Feuerwehr von zwei Minuten halte ich für sehr optimistisch; die gesetzlich vorgegeben Zeiten liegen darüber. Diese ist von Bundesland zu Bundesland verschieden, liegt aber eher bei 8 Minuten als bei 2. In der Praxis werden auch diese Eintreffzeiten, insbesondere durch Freiwillige Feuerwehren, nicht immer eingehalten.

Grüße
C. Lammer

blank

Re: Brandschutz im Kindergarten

Beitragvon blank » Di 08.02.2011 0:12

Die zwei Minuten beziehen sich nicht auf die Hilfsfrist, diese bleibt davon unberührt, zwei Minuten beträgt die durchschnittliche Rettungsrate für eine (erwachsene gehfähige) Person über eine vierteilige Steckleiter aus dem 2 OG.

Zur Erläuterung ergeben sich die zeitlichen Faktoren:

Brandausbruch + Entdeckungszeit + Meldefrist + Hilfsfrist + Rettungsrate

Die Hilfsfrist beschreibt den Zeitintervall zwischen Notruf und dem Eintreffen der Einsatzkräfte am Einsatzort in Verbindung mit dem Einleiten effektiver Hilfsmaßnahmen.

Wenn ich nun zehn Personen mit einer vierteiligen Steckleiter retten will, muss ich im Idealfall von einer Rettungsdauer von min. 20 Minuten ausgehen (Zeit beginnend mit dem "Einleiten effektiver Hilfsmaßnahmen")

Die Hilfsfrist wird in den Brandschutz- bzw. Rettungsdienstgesetzen der Länder mehr oder weniger geregelt, variiert von Bundesland zu Bundesland und beträgt i.d.R. zwischen 8 und 12 Minuten. Aufgrund dieser Gesetzesgrundlage wird die Organisation und Alarmierung der Feuerwehren und Rettungsdienste festgelegt(Alarm- und Ausrückeordnungen, Brandschutzbedarfspläne der Städte und Gemeinden etc.), so dass man davon ausgehen... ...sollte... ...dass zu jeder Tages und Nachtzeit innerhalb dieser Hilfsfrist nach Absetzen eines Notrufes wirkungsvolle Rettungsmaßnahmen eingeleitet werden.

(wie bereits erwähnt, Landesrecht und von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich und mehr oder weniger geregelt)

Claudi

Re: Brandschutz im Kindergarten

Beitragvon Claudi » Di 08.02.2011 10:07

Guten Morgen

vielen Dank erst einmal für die schnellen Antworten.

Nur zur Info: Unser Kindergarten befindet sich in Baden Württemberg, Nähe Stuttgart.

Zusammenfassend kann man also sagen, dass für das Obergeschoss immer ein zweiter Fluchtweg da sein muß. Dies ist auch in Form einer Feuerleiter der Feuerwehr von der Straßenseite aus zulässig. Ob dies sinnvoll ist bei 20 Kleinkindern steht auf einem anderen Blatt.

Ich werde auf alle Fälle weiterhin dran bleiben für unsere Kinder einen sicheren Kindergarten zu schaffen. Leider waren Gespräche mit Bürgermeister/Feuerwehr bislang erfolglos. Es ist kein Geld dafür da, bis heute ist noch nicht etwas passiert usw. Die Liste der Ausreden ist groß.

Vielen Dank für Eure Hilfe

Grüße
Claudi

blank

Re: Brandschutz im Kindergarten

Beitragvon blank » Di 08.02.2011 14:46

Zur bauordnungsrechtlichen Situation in BaWü:

Es gilt zur Zeit die

Landesbauordnung für Baden-Württemberg (LBO)
vom 8. August 1995 (GVBl. S. 617)
Zuletzt geändert am 17. Dezember 2009 (GBl. Nr. 23 vom 23. 12. 2009 S. 809)


§ 38 Sonderbauten

(...)

(2) Sonderbauten sind Anlagen und Räume besonderer Art oder Nutzung, die insbesondere einen der nachfolgenden Tatbestände erfüllen:

(...)

6. Einrichtungen zur Betreuung, Unterbringung oder Pflege von Kindern, behinderten oder alten Menschen,



nähere Vorgaben zur Ausführung sind festgelegt in der

Allgemeine Ausführungsverordnung des Wirtschaftsministeriums zur Landesbauordnung (LBOAVO)

Vom 5. Februar 2010
GVBl. Nr. 2, 15. Februar 2010

§ 2 Flächen für die Feuerwehr, Löschwasserversorgung (Zu § 15 Abs. 1 und 3 bis 6 LBO)

(1) Gebäude, deren zweiter Rettungsweg über Rettungsgeräte der Feuerwehr führt, dürfen nur errichtet werden, wenn Zufahrt oder Zugang und geeignete Aufstellflächen für die erforderlichen Rettungsgeräte vorgesehen werden. Ist für die Personenrettung der Einsatz von Hubrettungsfahrzeugen erforderlich, sind die dafür erforderlichen Aufstell- und Bewegungsflächen vorzusehen. Bei Sonderbauten ist der zweite Rettungsweg über Rettungsgeräte der Feuerwehr nur zulässig, wenn keine Bedenken wegen der Personenrettung bestehen.


noch kenntnishalber:

§ 13 Fenster, Türen, sonstige Öffnungen (Zu § 28 Abs. 4 und § 16 LBO)

(4) Fenster, die als Rettungswege nach § 15 Abs. 5 Satz 1 LBO dienen, müssen im Lichten mindestens 0,90 m breit und 1,20 m hoch sein und nicht höher als 1,20 m über derFußbodenoberkante angeordnet sein; eine Unterschreitung dieser Maße bis minimal 0,6 m Breite im Lichten und 0,9 m Höhe im Lichten ist im Benehmen mit der für den Brandschutz zuständigen Dienststelle dann möglich, wenn das Rettungsgerät der Feuerwehr die betreffende Öffnung nicht einschränkt. Sie müssen von innen ohne Hilfsmittel vollständig zu öffnen sein. Liegen diese Fenster in Dachschrägen oder Dachaufbauten, so darf ihre Unterkante oder ein davor liegender Austritt von der Traufkante horizontal gemessen nicht mehr als 1,0 m entfernt sein.


Gruß, Tim

Sugus

Re: Brandschutz im Kindergarten

Beitragvon Sugus » Sa 12.02.2011 2:11

In Baden-Württemberg vorgeschrieben ist eine sog. Gefahrenverhütungsschau. Durchgeführt wird diese durch das Baurechtsamt. Da gibt es dann die Leute, die sich im Brandschutz auskennen - die Feuerwehren kennen sich meist mehr mit Feuer ausmachen aus.

Gerne können sie per Mail Kontakt mit mir aufnehmen, dann vermittle ich Ihnen den Kontakt zu den zuständigen Leuten in Ihrem Landkreis.

Eine weitere Frage: Wo befindet sich der Schlafraum für die U3-Kids un hat er einen direkten Ausgang ins (umzäunte) Freie?

K-Prinz

Re: Brandschutz im Kindergarten

Beitragvon K-Prinz » Sa 12.03.2011 1:23

Hallo,

bei den genannten Alter der Kinder ist es sinnlos hier über anleiterbare Stellen für die Feuerwehr oder Notausstiege durch Fensterfronten zu diskutieren. Die Kinder können diese garnicht eigenständig verwenden und zudem reagieren Kinder im Brand- und Gefahrenfall anders als Erwachsene. Es kann vorkommen das sich diese vor der Gefahr verstecken. Desweiteren ist nie gegeben, dass die Erzieherinnen (pro Gang max. 2 Kinder unter den Armen) in der zur Verfügung stehenden Zeit alle Kinder in sichere Bereiche bringen können.
KiTa´s benötigen eine Genehmigung des Jugendamtes. Dies muss den gewährleisteten Schutz der Kinder überprüfen. Also dies mal einschalten und am Besten in Kombination mit dem zuständigen gesetzlichen Unfallversicherungsträgers der KiTa.

blank

Re: Brandschutz im Kindergarten

Beitragvon blank » Sa 19.03.2011 4:50

K-Prinz hat geschrieben:bei den genannten Alter der Kinder ist es sinnlos hier über anleiterbare Stellen für die Feuerwehr oder Notausstiege durch Fensterfronten zu diskutieren. Die Kinder können diese garnicht eigenständig verwenden und zudem reagieren Kinder im Brand- und Gefahrenfall anders als Erwachsene. Es kann vorkommen das sich diese vor der Gefahr verstecken. Desweiteren ist nie gegeben, dass die Erzieherinnen (pro Gang max. 2 Kinder unter den Armen) in der zur Verfügung stehenden Zeit alle Kinder in sichere Bereiche bringen können.


Daher der Einwand in den LBO's fast aller Bundesländer:

"Bei Sonderbauten ist der zweite Rettungsweg über Rettungsgeräte der Feuerwehr nur zulässig, wenn keine Bedenken wegen der Personenrettung bestehen." Wird gerne überlesen.

Wird z.B. interessant bei bettlägerigen Personen, Kindern und Säuglingen, körperlich und auch geistig behinderten Personen, mehreren zu rettenden Personen etc.


Gruß und Schönes Wochenende an alle!
Tim

amaria

Re: Brandschutz im Kindergarten

Beitragvon amaria » Sa 09.08.2014 16:08

Hallo!

Im Juni diesen Jahres sind zwei Kinder aus den Fenstern ihrer Kindertagesstätten gefallen. Ein Zweijähriger aus Bad Lauterberg fiel 3 Meter tief und eine Dreijährige aus Freital bei Dresden stürzte sechs Meter tief. Als Erzieherin, die immer wieder als Springkraft gearbeitet hat, ist mir bewusst, dass sich die Belange des Brandschutzes und andere Aspekte, die im Interesse der Sicherheit der Kinder zu berücksichtigen sind, nicht gut miteinander vereinbaren lassen.

Gibt es bei den Feuerwehren Diskussionen darüber, dass die Anforderungen des Brandschutzes nicht erfüllt sein könnten, wenn Kleinkinder in oberen Geschossen betreut werden? Viele Kitas haben eine Betriebserlaubnis erhalten, als noch keine unter Dreijährigen aufgenommen wurden. Ich frage mich, wie es dazu kommen kann, dass der Personalschlüssel anscheinend unberücksichtigt bleibt, wenn es um die Erfüllung des Rechtsanspruchs auf einen Betreuungsplatz geht. Im Falle eines Falles würde in einer Krippe chaotische Zustände herrschen und manche Fluchttür müsste aufgeschlossen oder freigeräumt werden, weil Erzieherinnen zuvor dafür gesorgt haben, dass Kleinkinder nicht durch diese Tür entwischen konnten.

Es würde mich freuen, wenn über das Thema offen und kritisch diskutiert und Informationen ausgetauscht werden könnten. Egal ob hier oder in einem Fachforum für Erzieherinnen. http://www.forum-fuer-erzieher.de/viewt ... kige+Kitas
Erst mal ein Hinweis auf einen auf Erzieherin.de abgedruckten Artikel: http://www.erzieherin.de/mehrgeschossige-kitas.php Es handelt sich um eine gekürzte Version einens Artikels, der im kritischen Magazin "unerzogen" erschienen ist.

Freundliche Grüße

amaria

clammer
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Re: Brandschutz im Kindergarten

Beitragvon clammer » Mo 11.08.2014 16:31

Hallo amaria,

trotz aller (berechtigten) Rufe an die Staatsgewalt gibt es noch einen wichtigen Aspekt, der gerne übersehen wird:
Dies ist die Betreiberverantwortung.

Wer eine U3-Einrichtunbg betreibt, ist auch für die Sicherheit der ihm überlassenen Kinder verantwortlich. Und bei U3-Kindern sehen die organisatorischen (und baulichen) Aufwendungen anders aus als bei Ü3.

Und die, das haben Sie richtig erkannt, liegen bei Obergeschossen deutlich höher als bei Erdgeschossen. Es sind m. E. (je nach Kinderzahl) folgende ErzieherInnen notwendig:
- Betreuung Kinder OG (bis zur Rettung)
- Rettung der Kinder (also Kinder heruntertragen, zurück und wieder von vorn)
- Betreuung der geretteten Kinder

Über das Prozedere sollte man sich vorher Gedanken machen und nicht erst, wenn's so weit ist.

Da U3 Kinder sich in der Regel nicht selbst retten können, sehe ich auch keine unüberwindbaren Hindernisse, um die baulichen und organisatorischen Maßnahmen unter einen Hut zu bringen.

Gruß
C. Lammer

fire2014

Re: Brandschutz im Kindergarten

Beitragvon fire2014 » Di 19.08.2014 18:28

Kann mich clammer nur anschließen, ich denke die Betreiberverantwortung muss ganz klar nochmal in den Mittelpunkt gestellt werden. Wer so eine Einrichtung betreibt, sollte sich von vornherein über solche Probleme Gedanken machen und dementsprechend handeln. Trotzdem natürlich super, dass du (Claudi) dir darüber so Gedanken machst. Wollte das nur nochmal bekräftigen, weil ich nicht verstehen kann, wie sowas oft erst zur Sprache kommt, wenn es dann zu spät ist.

amaria

Re: Brandschutz im Kindergarten

Beitragvon amaria » Sa 30.07.2016 12:28

Hallo!

Mit viel Verspätung bedanke ich mich für die Antworten. Hier bekommt man keine Benachrichtigung, wenn eine Antwort auf eine Frage eingtroffen ist, oder? Oder gibt es diese automatische Benachrichtigung nur, wenn man selbst einen Thread gestartet hat?

Hier ein Hinweis auf einen Artikel des Kölner Stadtanzeigers von Heribert Rösgen, der viele Fragen aufwirft: http://www.ksta.de/koeln/ehrenfeld/bau- ... n-24461978
Bei einer neu gebauten Kita in Köln wurde laut Überschrift der Fluchtweg "vergessen". - Der Artikel aber weist auf verschiedene Rechtsnormen hin, deren Geltung umstritten ist.

Als ich den Artikel in einem Fachforum für Erzieherinnen verlinkt habe, traf am geichen Tag noch ein Hinweis einer langjährig aktiven Userin ein, dass in ihrer sechs Jahre alten und mit einem Preis ausgezeichneten Kita alle Türen nach innen aufgehen würden. Kann das erlaubt sein? Ich kenne es, dass die Eingangstüren in einem unter Denkmalschutz stehenden Gebäude, in dem seit Jahrzehnten ein Kindergarten untergebracht ist, nach innen aufgehen, aber ansonsten müssten sich doch zumindest einige Türen des Fluchtweges, insbesondere der Notausgang ins Freie nach außen öffnen.

Welche Ausnahmegenehmigungen gibt es in den verschiedenen Bundesländern für die Fluchtwege von Kindergärten, wenn Türen, die während einer Flucht genutzt werden sollen, nicht nach außen aufgehen?

Freundliche Grüße

amaria

clammer
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Re: Brandschutz im Kindergarten

Beitragvon clammer » Mo 01.08.2016 7:59

Hallo,

aktuell hat des VG Münster entschieden, das Fluchttüren (von Bürogebäuden) immer nach außen aufgehen müssen (Az.: 9 K 1985/15, Abrufbar unter http://www.justiz.nrw.de/BS/nrwe2/index.php). Allerdings ist es noch nicht rechtskräftig, und, wie alle Urteile, immer eine Einzelfallbetrachtung. Aber der Grundton des Urteils ist eindeutig.

Gruß
C. Lammer

P. S.: In solchen Fällen halte ich den Denkmalschutz für zweitrangig.

amaria

Re: Brandschutz im Kindergarten

Beitragvon amaria » Di 02.08.2016 23:18

Danke für diese Auskunft. Auch ich würde den Denkmalschutz für zweitrangig halten, kann aber Eltern und Erzieher verstehen, die ihr Kind lieber in einer kleinen Elterninitiativeinrichtung als in einem großen Betonklotz unterbringen möchten. Da mich das Thema interessiert, achte ich seit einigen Jahren auf Artikel zu Neueröffnungen von Kindergärten, die mehr als zwei Geschosse haben. Die höchste Kita (mit einem sehr großen Dachgarten) soll sich in über 17 Meter Höhe befinden. https://www.frankenfernsehen.tv/mediath ... -wolke-10/ Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie die Bergung der Kinder dort stattfinden soll, wenn die Untergeschosse verqualmt sind. Es ist mir unbegreiflich, dass Journalisten voll des Lobes für besonders hoch gelegene Kitas mit Dachterrassen oder solche mit mehreren Geschossen sind.

Gibt es mittlerweile wesentliche Verbesserung auf dem Gebiet des Brandschutzes, von denen die Allgemeinhait nicht viel weiß? Können spezielle Aufzüge heute im Brandfall genutzt werden?
Was ist von der Entwicklung hin zur Akzeptanz von derart hohen Kindergärten zu halten?

Gefühlsmäßig, aber auch aus einer Reihe von Gründen bin ich dagegen - und trotzdem interessieren mich auch die Argumente derjenigen, die dies für zulässig halten.

Freundliche Grüße

amaria