Schränke in Rettungswegen

Brandschutzordnung -Konzept/ BVS, Instandhaltung, Ersatzmaßnahmen, Flucht- u. Rettungspläne, Umsetzung von Richtlinien, Gesetzgebungen usw.
BBS

Schränke in Rettungswegen

Beitragvon BBS » Di 15.07.2003 1:00

Bei uns stehen auf den Gängen eines Verwaltungsgebäudes sehr viele Aktenschränke aus Stahlblech. Sie sind ständig geschlossen. Diese Schränke sind so aufgestellt, daß sie in Nischen zwischen Betonsäulen stehen und so die nutzbare Breite des Fluchtweges nicht einengen. Jedoch steht unser
Bauamt auf dem Standpunkt, daß es sich hier um eine zusätzliche und nicht zulässige Brandlast handelt und fordert die Entfernung der Schränke. Da die Fluchtwege jedoch nicht eingeengt werden, die Schränke immer geschlossen sind sowie aus Stahlblech sind bin ich der Ansicht, daß das Kriterium schwerentflammbar erfüllt ist und die Schränke bleiben können. Eine FW Klassifizierung haben sie aber nicht. Der Inhalt der Schränke ist unterschiedlich, brennbare Flüssigkeiten und Gefahrstoffe werden dort jedoch nicht gelagert.

Welche Meinung haben andere Forumteilnehmer dazu?

Gesendet von Frank Aechtner 20.12.2001 16:54:01

BBS

RE: Schränke in Rettungswegen

Beitragvon BBS » Di 15.07.2003 1:00

Als BSB habe ich einer ganz ähnlichen Situation auch schon zugestimmt. Ich konnte ja beurteilen und kontrollieren, wer was tat. Wäre ich auf einem Bauamt, würde ich dem nicht zustimmen. Den blauäugigen Versicherungen anderer zu trauen und als lächelnder Chinese Verantwortung zu übernehmen...

Nein, nein dazu habe ich dann doch zu viel gesehen. Warum eigentlich muss immer der arme Flur - und damit der BSB, sofern einer da ist - das auslöffeln, was andere durch Fehlplanung oder besser gesagt gar keine Planung eingebrockt haben. Liebe Ex-Kollegen, es gibt immer einen, der es sich leicht macht und den Weg des geringsten Widerstand sucht. ...und der BSB hat doch auch zugestimmt.
Ja, es gibt immer Sachzwänge. Aber für jeden in gleicher Weise? Was würde passieren, wenn Sie konsequent wären und für die Schränke einen Schutz F30 fordern? Wenn das Geschrei nur laut genug würde, würde sich dann nicht ein Türchen öffnen, hinter dem wie aus dem Nichts ein geeigneter Raum für Berge von Akten läge?

Fröhliche Weihnachten!

Gesendet von Gernot Mauser 21.12.2001 08:34:13

Falk_HL
Beiträge: 281
Registriert: Mo 16.06.2003 14:55

RE: Schränke in Rettungswegen

Beitragvon Falk_HL » Di 15.07.2003 1:00

Diese Problematik haben wir hier an der Uni Stuttgart auch. Grundsätzlich ist Herrn Cordier zuzustimmen. Die Praxis sieht aber eher anders aus. Unsere Baurechtsämter sind inzwischen der Praxis ein Stück näher gekommen, d. h. wenn es in den Fluren, bei ausreichender Breite, eine Brandmeldeanlage (Rauchdedektion) gibt, dann dürfen in aller Regel die Schränke (z. T. nicht einmal Metall) stehen bleiben. Ein weiteres Kriterium ist die Qualität des 2. Rettungsweges.

Sicherlich sollte der Grundsatz der Freihaltung bestehen bleiben, allerdings besteht für einen BSB die Kunst darin, Theorie und Praxis vernünftig zu kombinieren.

Gruß und schöne Feiertage!
Zuletzt geändert von Falk_HL am Fr 18.07.2003 1:06, insgesamt 1-mal geändert.
Grüße FH

BBS

RE: Schränke in Rettungswegen

Beitragvon BBS » Di 15.07.2003 1:00

Ich kann Ihnen, Herr Hauptlorenz, nur zustimmen. Auch in den Brandschutzdienststellen leigt die Kunst darin Theorie und Praxis miteinander zu vereinbaren da auch die Bauordnungen häufig nicht auf
solche Probleme eingehen (und dies auch in der Vielzahl der möglichen Fälle gar nicht könnten).

Das Zauberwort heißt wie immer "Kompensationsmaßnahmen". Das kann eine entsprechende bauliche Situation sein (es macht wenig Sinn am notwenigen Flur hohe Anforderungen zu Stellen wenn es sich um ein erdgeschossiges Gebäude handelt wo jedes Fenster eine ausreichenden 2. Rettungsweg darstellt) oder technische Alternativen (z.B. eine BMA). Es gilt wie immer den Einzelfall zu betrachten und bei speziell diesem nach Lösungsalternativen zu suchen.

Gesendet von Wolfgang Cordier 21.12.2001 11:14:53

BBS

RE: Schränke in Rettungswegen

Beitragvon BBS » Di 15.07.2003 1:00

Welche Bauordnung liegt bei Ihnen zu Grunde (Bundesland). Welche Größe hat die Bürofläche? Erst ab einer Geschoßfläche innerhalb der Nutzungseinheit von > 400 qm sind notwendige Flure erforderlich. Dann allerdings muß man davon ausgehen das die Anforderungen an solche Flure auch für das gelten, was sich in Ihnen befinden. Es macht wenig Sinn das Fluchttunnelprinzip (oben und unten, links und rechts mind. F30) anzuwenden wenn sich innerhalb dieses Tunnels brennbare Materialien befinden.
Man wird Ihnen bei Ihren Stahlschränken vorhalten das immer mit menschlichem Versagen zu rechnen ist. (Offene Türe, versehentliches Einbringen einer Zündquelle usw.)

Gesendet von Wolfgang Cordier 20.12.2001 19:45:44

BBS

RE: RE: Schränke in Rettungswegen

Beitragvon BBS » Di 15.07.2003 1:00

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

auch die Bayerische Bauordnung spricht von "notwendigen Fluren" die folgendermaßen definiert sind:
"Notwendige Flure sind Flure, über die Rettungswege von Aufenthaltsräumen zu Treppenräumen notwendiger Treppen oder zu Ausgängen ins Freie führen." "Als notwendige Flure gelten nicht:

1 ...

2. Flure innerhalb von Nutzungseinheiten, die einer Büro oder Verwaltungsnutzung dienen und deren Nutzfläche in einem Geschoß nicht mehr als 400 m² beträgt." Dazu meine Frage mit einem Beispiel: Ich habe einen 100 m langen Verwaltungsbau mit über 400 m² Geschoßfläche welcher alle 25 m ein
notwendiges Treppenhaus hat. Sind die Flurabschnitte zwischen den Treppenhäusern notwendige Flure oder nicht? Meiner Ansicht nach ist für die Beurteilung dieser Frage nicht die gesamte Geschoßfläche entscheidend sondern die Fläche welche an ein Flurstück zwischen 2 notwendigen Treppenhäusern angrenzt da nur dieses Stück Rettungweg für die angrenzenden Büros ist. Und damit sind es keine notwendigen Flure wodurch die Brandschutzanforderungen natürlich bei weitem nicht so hoch sind. Wie sehen andere Kollegen das Problem?

Viele Grüße aus Augsburg

Gesendet von Frank Aechtner 05.02.2002 09:41:19

BBS

RE: RE: RE: Schränke in Rettungswegen

Beitragvon BBS » Di 15.07.2003 1:00

Ohne genauere Angabe der Geschoßdarstellung läßt sich das sicherlich nicht so einfach beantworten. Dennoch kann das eine gute Voraussetzung sein eine Abweichung von der Bauordnung zu beantragen. Ihr Zitat sagt deutlich, das auch ihre Bayrische Bauordnung von > 400 qm "Geschoßfläche" ausgeht. Der
Begriff Geschoßfläche steht nun mal fest und somit müsste auch in Bayern hier ein notwendiger Flur gefordert werden. Das tägliche Geschäft der Bauordnungsämter und Brandschutzdienststellen ist es aber, sich mit solchen "Abweichungen von der Bauordnung" zu befassen. Für mich wäre in ihrer Darstellung interessant, wie groß die Geschoßfläche tatsächlich ist, somit welche Geschoßfläche auf einen Treppenraum angerechnet werden kann, in welchem Geschoß wir uns befinden, ob es weitere
Kompensationsmaßnahmen für eine Abweichung gibt und... naja, vieleicht fällt mir dann noch mehr ein. Ist halt ohne Plandarstellung ins blaue hinein ein bischen schwierig zu sagen.

Wolfgang Cordier

Gesendet von Wolfgang Cordier 05.02.2002 22:40:19

Gast

RE: Schränke in Rettungswegen

Beitragvon Gast » Di 15.07.2003 1:00

Eine ernste Frage: Wo steht denn geschrieben, dass Schränke (oder andere Brandlasten) in notwendigen Fluren, notwendigen Treppen etc. nicht vorhanden sein dürfen? Gehen wir mal von einer ausreichenden verbleibenden Fluchtwegbreite aus.

Vonhof

Schränke in Rettungswegen

Beitragvon Vonhof » Di 15.07.2003 1:00

§ 32 (8) MBO
In notwendigen Treppenräumen und in Räumen nach Absatz 5 Satz 2 müssen

1. Verkleidungen, Putze, Dämmstoffe, Unterdecken und Einbauten aus nichtbrennbaren Baustoffen,

2. Bodenbeläge, ausgenommen Gleitschutzprofile, aus mindestens schwerentflammbaren Baustoffen,
bestehen. Leitungsanlagen sind nur zulässig, wenn Bedenken wegen des Brandschutzes nicht bestehen.

§ 33 (5) MBO
In notwendigen Fluren und offenen Gängen sind

1. Verkleidungen, Unterdecken und Dämmstoffe aus brennbaren Baustoffen unzulässig; dies gilt nicht in Gebäuden geringer Höhe,

2. Leitungsanlagen nur zulässig, wenn Bedenken wegen des Brandschutzes nicht bestehen.

Anders ausgedrückt: Alles was brennt, ist nicht erlaubt. Das gilt auch für Schränke und alles andere - aus wenn es nicht ausdrücklich in der Bauordnung steht. Es ergibt sich aber auch aus dem Gesamtzusammenhang aller anderer Vorschriften, z. B. der MLAR oder der M IndBauRL.

Schöne Grüße

Fritscher

Re: Schränke in Rettungswegen

Beitragvon Fritscher » Di 22.07.2003 21:12

Hallo,

hier einige Rechtsverordnungen.
BGV A1 § 24 Abs. 1 und § 30 Abs. 3
GhVo § 7, hierbei ist aber zu prüfen ob das Gebäude der Geschäftshaus-
verordnung under liegt.

Gruss
hf

werner mueller

Beitragvon werner mueller » Fr 25.07.2003 13:31

Herr Vonhof: Die von Ihnen zitierten Rechtsgrundlagen beziehen sich immer auf bauliche Brandlasten. Wo steht geschrieben, daß mobile Brandlasten in Fluren unzulässig sind? Das wollte Ihr Vorredner eigentlich wissen!
Herr Fritscher: BGV A 1 bezieht sich immer auf die Einengung von Verkehrs- bzw. Rettungswegen. Trifft also auf die Frage, ob Brandlasten in Fluren aufgestellt werden dürfen, nicht zu!

Gruß Werner Müller

Firehead

Schränke in Rettungswegen

Beitragvon Firehead » Mi 13.08.2003 14:35

Also, als mögliche Rechtsvorschrift kann hier - für Bayern - angegeben werden § 22 VVB (Verordnung zur Verhütung von Bränden v. 15.05.81)
"........Durchgänge, Treppenräume und Verkehrwege .... sind freizuhalten", d.h. Formaljuristisch ist hiermit das Einbringen von Brandlasten in o.g. Bereiche verboten.
Aber.........., wenn die Schränke in den Gängen (Verkehrsflächen) feuerhemmend (F30) nach DIN sind, die Türen einen sog. Schnelllaufschließer besitzen und der Flucht- und Rettungsweg nicht eingeengt ist, sondern der Personenzahl im Flow-Diagramm entspricht, können die Brandbehörden (KVR´s, Branddirektion etc.) Ausnahmen zulassen.

Gruß
Thomas