Evakuierungshelfer wer darf diese Ausbilden?

Brandschutzordnung -Konzept/ BVS, Instandhaltung, Ersatzmaßnahmen, Flucht- u. Rettungspläne, Umsetzung von Richtlinien, Gesetzgebungen usw.
Fronert

Evakuierungshelfer wer darf diese Ausbilden?

Beitragvon Fronert » Do 19.11.2009 14:32

Hallo,

habe bezüglich der Ausbildung von Evakuierungshelfern eine frage.

Und Zwar: Als Brandschutzbeauftragter darf ich ja Brandschutzhelfer ausbilden aber wie sieht die Sache mit Evakuierungshelfern aus. Darf ich auch diese Ausbilden oder muss ich dafür extra den Lehrgang zur Ausbildung von Evakuierungshelfern besuchen??

Vorab danke für die antworten.


Gruss
R. Fronert

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Laschinsky
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Re: Evakuierungshelfer wer darf diese Ausbilden?

Beitragvon Laschinsky » Mo 07.12.2009 16:11

Hallo Herr Frohnert,
grundsätzlich ist für die Unterweisung von Evakuierungshelfern der Unternehmer zuständig:

§ 10 Abs. 2 ArbSchG: Der Arbeitgeber hat diejenigen Beschäftigten zu benennen, die Aufgaben der [...] Evakuierung der Beschäftigten übernehmen. Anzahl, Ausbildung und Ausrüstung der nach Satz 1 benannten Beschäftigten müssen in einem angemessenen Verhältnis zur Zahl der Beschäftigten und zu den bestehenden besonderen Gefahren stehen.

Der Unternehmer wird dies in vielen Fällen nicht selbst machen wollen/können, also kann er diese Unterweisungspflicht übertragen, z.B. an die Führungsvorgesetzten (Abteilungsleiter, Meister, Schichtführer...) des Betriebes. Bei der Übertragung von Aufgaben muß der Unternehmer überprüfen, ob diese Personen dafür geeignet sind:

§ 7 (1) Bei der Übertragung von Aufgaben auf Versicherte hat der Unternehmer je nach Art der Tätigkeiten zu berücksichtigen, ob die Versicherten befähigt sind, die für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz bei der Aufgabenerfüllung zu beachtenden Bestimmungen und Maßnahmen einzuhalten.

Der Begriff der Befähigung umfasst alle körperlichen sowie geistigen Fähigkeiten, Fertigkeiten und Eigenschaften einer Person, die zur Einhaltung der Arbeitsschutzvorschriften erforderlich sind. Zu den geistigen Fähigkeiten und Eigenschaften zählen z.B. die Auffassungsgabe, das technische Verständnis, das Reaktionsvermögen und die Ausbildungsqualifikation.

Aufgrund der fachlichen Ausbildung und der beruflichen Erfahrungen einer Führungskraft ist dies für die meisten Arbeitssicherheitsunterweisungen der Fall. Im Brandschutz, hier: in der Unterweisung von Evakuierungshelfern, fehlen allerdings oftmals die erforderlichen Fachkenntnisse der Führungskräfteim Betrieb. Daher kann die Durchführung dieser Unterweisung an fachkundige Mitarbeiter z.B. den Brandschutzbeauftragten oder an externe Dienstleister abgegeben werden. Dieser erfüllt dann die Aufgaben des unterweisungspflichtigen Unternehmers bzw. der Führungskraft und er muß die gleichen Anforderungen erfüllen. Hier kommt es im wesentlichen darauf an, welche Anforderungen die Unterweisung stellt:

§ 4 (1) BGV A1: Der Unternehmer hat die Versicherten über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit, insbesondere über die mit ihrer Arbeit verbundenen Gefährdungen und die Maßnahmen zu ihrer Verhütung [...] zu unterweisen[...]

Aus den Erläuterungen der BGR A1 zum § 4 ergeben sich folgende Anforderungen für den Unterweisenden:

    Unterweisung ist die auf den konkreten Arbeitsplatz oder Aufgabenbereich ausgerichtete Erläuterung und Anweisung des Unternehmers für ein sicherheitsgerechtes Verhalten der Versicherten. Damit Versicherte Sicherheits- und Gesundheitsgefährdungen erkennen und entsprechend den vorgesehenen Maßnahmen auch handeln können, müssen sie auf ihre individuelle Arbeits- und Tätigkeitssituation zugeschnittene Informationen, Erläuterungen und Anweisungen bekommen.

    Kenntnisse zu Sicherheits- und Gesundheitsgefährdungen der individuellen Arbeits- und Tätigkeitssituation (z.B. Alarmierungswege, Flucht- und Rettungswege, Wirkung von Rauchgasen, Panikentwicklung, betriebliche Notfallorganisation im Brandfall)

    Kenntnisse der konkreten Arbeitsplätze und Aufgabenbereiche der Teilnehmer (z.B. Lage und Gestaltung der Arbeitsplätze, Arbeitsverfahren und eingesetzte Stoffe, Tätigkeiten und Arbeitsabläufe...); aber auch: Sach- und Fachkenntnis in der Bewältigung von Betriebsstörungen und Notfällen (z.B. Trainerschulung...)

    Art und Weise sowie der Umfang einer Unterweisung müssen in einem angemessenen Verhältnis zur vorhandenen Gefährdungssituation und der Qualifikation der Versicherten stehen. Kenntnisse zur Durchführung und Gestaltung einer Unterweisung bezüglich Zielgruppe, Methodik, Didaktik, Medieneinsatz, Verständnisüberprüfung (z.B. Ausbildereignung, Unterweisungstraining der BG, Erfahrungen in der Erwachsenenbildung...)

    Die Unterweisung hat mindestens
    - die konkreten, arbeitsplatzbezogenen Gefährdungen,
    - die von den Versicherten zu beachtenden Schutzmaßnahmen,
    - die getroffenen Schutz- und Notfallmaßnahmen,
    - die einschlägigen Inhalte der Vorschriften und Regeln
    zu umfassen. Hierfür sind Betriebsanleitungen von einzusetzenden Geräten und Maschinen sowie sonstige Betriebsanweisungen mit einzubeziehen.

    Kenntnisse betriebsinterner Schutzmaßnahmen (z.B. andere Löscheinrichtungen, Brandschutzorganisation im Betrieb...), getroffener Notfallmaßnahmen (z.B. Brandschutzordnung des Betriebes, Flucht- und Rettungsplan...). einschlägiger Vorschriften und Regeln (z.B. gesetzliche, berufsgenossenschaftliche und versicherungstechnische Anforderungen) und bestehender Betriebsanweisungen.

Diese Anforderungen an den "Ausbilder von Evakuierungshelfern" sind notwendig, damit die Unterweisung die bei der Evakuierung auftretenden Gefährdungen berücksichtigen kann und die vermittelten Verhaltenshinweise diesen Gefährdungen entsprechen und im Einklang mit bestehenden Regelungen und Vorschriften stehen.

Daher empfehle ich Unternehmern bei der Vergabe von Schulungs- und Unterweisungsleistungen auf die Qualifikation des "Ausbilders" zu achten. In bestimmten Bereichen (z.B. Atemschutz, Ersthelfer, Flurförderzeuge) sind konkrete Qualifikationen gefordert, für die Ausbildung von Evakuierungshelfern allerdings nicht. Aber um die o. g. Punkte mit betriebsinternen und produktionstechnischen Kenntnissen erfüllen zu können, wäre hier z.B. die Unterstützung durch einen Brandschutzbeauftragten (vfdb 12/09-01:2009-03 mit neuen Lehrinhalten: Brandschutzausbildung der Beschäftigten / Methodik und Didaktik; Maßnahmen zur Erlangung und Steigerung der Kompetenz und des Ansehens des Brandschutzbeauftragten (soziale Kompetenz, Didaktik-, Methoden-, Medienkompetenz) mit einer besonderen Fortbildung im Bereich Räumung, Evakuierung oder Notfallplanung sinnvoll.

Ich hoffe, Dich in Deiner Frage mit dieser umfangreichen Antwort unterstützen zu können.
Viele Grüße!
Lars Oliver Laschinsky

Techn.Fachlehrer im Brand- und ExSchutz,
Lehrbeauftragter Security & Safety Engineering der HFU Hochschule Furtwangen
Honorardozent MEng Vorb. Brandschutz des EIPOS-Institut der TU Dresden
1. Vorsitzender des VBBD e.V.