Die Vollmacht der Architektin bzw. des Architekten

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Die Vollmacht der Architektin bzw. des Architekten

Beitragvon BBS » Di 15.07.2003 1:00

Die Vollmacht der Architektin bzw. des Architekten, ein oft verkanntes Problem bei der Bauausführung

Originäre Vollmacht

Unter den ausführenden Firmen besteht leider sehr häufig die Meinung, daß der Architekt in allen Dingen den Bauherrn vertritt und somit auch für die Unterzeichnung von Stundenlohnzetteln und Nachträgen verantwortlich ist, welche dieser z.T. auch noch selbst angewiesen hat. Es ist ein kapitaler Fehler von einer derartigen Vollmacht des Architekten auszugehen.

Der Architekt hat vielmehr nur eine originäre Vollmacht, d.h., daß er die Rechte des Bauherrn wahrnehmen darf, allerdings diesen dadurch weder zu verpflichten noch zu belasten. Diese Art der Vollmacht ergibt sich automatisch aus dem Architektenvertrag damit dieser seine Leistungen
erbringen kann. Diese originäre Vollmacht befähigt den Architekten das Bauwerk frei von Mängeln und termingerecht zu erstellen. In der allgemeinen Rechtsprechung wird dem Architekten zwar zugebilligt, daß er dem Bauherrn in einem sehr geringen Umfang verpflichten und belasten darf was zur Erfüllung seiner Leistungen notwendig ist. Hierunter werden zusätzliche Leistungen geringen Umfangs gesehen. Eine genaue Abgrenzung über den Begriff des geringen Umfanges kann jedoch schon eine Streitgrundlage bieten. Für die ausführende Firma ist es grundsätzlich richtig davon auszugehen, daß eine Unterzeichnung von Regiezetteln und Nachträgen eine derartige Verpflichtung und Belastung für den Bauherrn darstellt, für welche der Architekt eine ausdrückliche Vollmacht des Bauherrn benötigt, ansonsten handelt dieser vollmachtlos. "Die Vollmacht des Architekten hört da auf, wo die Geldbörse des Auftraggebers beginnt."

Den ausführenden Firmen sei an dieser Stelle anzuraten im Zweifelsfalle schriftlich beim Bauherrn nachzufragen, ob der von ihm eingesetzte Architekt eine derartige Vollmacht besitzt. Für den Fall, daß der Bauherr seinem Architekten dbzgl. die erforderliche Vollmacht erteilt hat, sind die
ausführenden Firmen gut beraten, wenn sie sich dies vom Bauherrn schriftlich bestätigen lassen.

Mit einem derartigen Handeln begibt sich die Firma auf die sichere Seite und unterrichten gleichzeitig den Bauherrn über die Handlungsweise seines beauftragten Architekten, falls dieser hierfür eben keine Vollmacht besitzen sollte. Dies führt im Vorfeld zu klaren Verhältnissen und spart im nachhinein evtl. eine Unmenge an Ärger und ggf. kann dem Bauherrn damit eine Duldungsvollmacht (wird nachstehend noch erläutert) nachgewiesen werden. In diesem Zusammenhang wird auch auf die einschlägigen VOB/B - Paragraphen hinsichtlich Regiearbeiten und Nachträgen verwiesen. Den genau aus denen geht hervor, daß derartige Arbeiten vor Beginn mit dem AG vereinbart werden müssen, siehe §§ 6 u. 15 VOB/B.

Ausführende Firmen sollten daher zunächst - wie bereits benannt - davon ausgehen, daß der Architekt eine originäre Vollmacht besitzt.

Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, daß in diesem Zusammenhang häufig der Begriff Duldungsvollmacht und Anscheinsvollmacht erwähnt wird.

Duldungsvollmacht

Es handelt sich dabei um eine nicht erteilte Vollmacht des Bauherrn. Dies ist dann der Fall, wenn dieser weiß und es duldet, daß sein beauftragter Architekt nach außen hin auftritt, als habe er für derartiges Handeln die Vollmacht des Bauherrn und somit den Auftragnehmer in diesen Glauben
versetzt. Wie bereits angesprochen ist es wichtig, daß ausführende Firmen dem Bauherrn stets über das Handeln seines beauftragten Architekten informieren, welche im Zusammenhang mit Regiearbeiten und Nachträgen stehen. Auf diese Art und Weise kann dem Bauherrn im Zweifelsfall diese Duldungsvollmacht nachgewiesen werden.

Anscheinsvollmacht

Wenn der Bauherr vom vollmachtlosen Handeln seines Architekten nichts weiß, aber dies wissen könnte wenn er sich um seine Angelegenheiten kümmern würde, spricht man von einer Anscheinsvollmacht.
Diese Anscheinsvollmacht ist jedoch recht belanglos, wenn gem. den obigen Ausführungen verfahren wird, da dann dem Bauherrn die Duldungsvollmacht nachgewiesen werden kann. Planende Architekten sollten sehr genau darauf achten, welche Vollmacht ihnen vom Bauherrn erteilt worden ist, i.d.R. handelt es sich um die originäre Vollmacht. Beauftragt der Bauherr jedoch seinen Architekten in seinem Namen Anweisungen zu erteilen, die ihn finanziell verpflichten oder belasten, so
ist dem Architekten anzuraten sich diese entsprechende Vollmachtserteilung in schriftlicher Form vorlegen zu lassen. Dies gilt auch für die Bevollmächtigung zur Unterzeichnung von Regiezetteln und Nachträgen.

Unabhängig davon stehen wir ihnen mit unserem Team von Sachverständigen, Ingenieuren und Rechtsanwälten jederzeit zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen
Thomas Haucke
ee.Consult
(Niederlassung Nordbayern)

Gesendet von Thomas Haucke 10.12.2000 13:30:11